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"Die wirtschaftliche Erholung könnte zu einem erheblichen Inflationsdruck führen"

Die Inflation liegt derzeit bei unter ein Prozent, soll aber einer Expertenprognose zufolge mittelfristig steigen - und das möglicherweise stärker, als wir es von den vergangenen Jahrzehnten gewohnt sind.

In den vergangenen Jahren ist ein Begriff aus dem Vokabular von Sparern beinahe verschwunden: die Inflation. Denn mit der sich gefühlt ewig verlängernden Niedrigzinsphase wurde auch die Geldentwertung weitgehend gestoppt. Im Jahr 2019 betrug die Inflationsrate in Deutschland durchschnittlich 1,4 Prozent. Im Juni dieses Jahres liegt sie bei 0,9 Prozent, nach 0,6 Prozent im Mai. Das ist äußerst wenig, und viele Beobachter sehen sogar mit Sorgen eine Bewegung in Richtung einer Deflation. Dies bedeutet einen signifikanten und anhaltenden Rückgang des Preisniveaus für Güter und Dienstleistungen. Deflation entsteht, wenn die gesamtwirtschaftliche Nachfrage geringer ist als das gesamtwirtschaftliche Angebot (Absatzkrise). Deflation kann zusammen mit einer Depression auftreten und führt dazu, dass Unternehmen nicht mehr investieren, weil Investitionen keinen Gewinn mehr versprechen und Konsumenten ihre Konsumausgaben möglichst nach hinten schieben, weil die Produkte immer billiger werden. Folglich sinken die Gewinnerwartungen der Unternehmen, Arbeitsplätze werden gestrichen, die Steuereinnahmen sinken.

Das sei aber nur eine Momentaufnahme, sagt Jonathan Baltora von Axa Investment Managers. Die Inflation sei nicht verschwunden: "Vielleicht schläft sie 2020, aber mittelfristig wird sie zurückkehren, und das möglicherweise stärker, als wir es von den vergangenen Jahrzehnten gewohnt sind." Dafür nennt Jonathan Baltora mehrere Gründe. Zum einen seien das die Hilfspakete, mit denen Regierungen auf die Corona-Krise reagieren. Diese dürften enorme Haushaltsdefizite nach sich ziehen, die irgendwie finanziert werden müssen, was zu einer steigenden Inflation führen kann. Auch die Wertpapierkäufe der Notenbanken lassen die Teuerung anziehen und sorgen überdies bei Investoren für höhere Inflationserwartungen. Ein weiteres Argument für steigende Verbraucherpreise ist, dass die grassierende Pandemie die Globalisierung ausbremsen, Protektionismus fördern und Lieferketten unterbrechen dürfte. Eine solche Entwicklung bleibt nicht ohne Folgen für die Preise.

Der Axa Investment Managers-Experte prognostiziert einen mittelfristigen Wandel bei der Inflation - nach Durchstehen der tiefen Rezession, auf die die Welt zusteuert. "Die wirtschaftliche Erholung, die schließlich folgen wird, könnte zu einem erheblichen Inflationsdruck führen, wie dies nach der Großen Rezession 2008 oder nach der Atomkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 der Fall war", sagt Baltora.